Aus der Agentur für geistige Gastarbeit

A

„Immer, wenn man mich gefragt hat, was ist dein Konzept, habe ich gesagt, eigentlich ist es ein Spaziergang von Überraschung zu Überraschung.“
(Harald Szeemann)

Der Schweizer Harald Szeemann: Erfinder des Berufsstands des freien Ausstellungsmachers, des ungebundenen Kurators, der an wechselnden Orten große Ausstellungstableaus inszeniert. In „Junggesellenmaschinen / Les Machines Célibataires“ beschreibt er das Wesen seiner Agentur.

Agentur für geistige Gastarbeit.

1. Ich habe eine Idee. Ich beauftrage mich, in Form der Agentur für geistige Gastarbeit, die Idee zu realisieren.

2. Die Agentur für geistige Gastarbeit kreiert das Reizwort und den Rahmen und beauftragt mich mit der Ausarbeitung des Konzepts.

3. Ich beauftrage erneut die Agentur mit der Durchführung.

4. Die Agentur für geistige Gastarbeit teilt mir mit, dass nur ich dafür in Frage komme.

5. Ich frage die Agentur an, was für Mittel zur Verfügung stehen.

6. Die Finanzabteilung teilt mir mit, dass weder Mittel noch Angestellte zur Verfügung gestellt werden können, wenigstens zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht.

7. In strapaziösen Sitzungen von Exekutive, Legislative, Finanzexperten wird dann der Beschluss gefasst: falls ich mich dazu bereit erklären will, die Idee auszuführen, würden die anderen die Entscheidung respektieren und mitziehen.

8. Da dieser Entscheid von der Agentur letztlich mir übertragen wird, da sie ja auch ich ist, übernehme ich die Aufgabe, meine Idee durchzuführen.

9. Von da an geht alles reibungslos: ich entscheide für die Agentur und bin mein eigenes Material, bis dann die Phase der Vorbereitungen beginnt, in der es ohne die Mithilfe der Anderen nicht mehr geht.


 

Add comment

Vernetzen