Willkommen in der Postdemokratie

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postdemokratie

Für Alle, die in dieser Gesellschaft leben und arbeiten, sollte sich neben Fragen nach Styles und popkulturellen Hippnessen schon noch ab und zu die Frage stellen, in was für einer Grundordnung wir eigentlich leben. – Im Rahmen der Meinungen zu Snowden und Co. hat sich jetzt Hans Magnus Enzensberger gemeinsam mit Frank Schirrmacher zu Wort gemeldet und trocken attestiert:

„Wir sind in einem System, wo das geheime Wissen fast größer zu sein scheint, als das öffentliche Wissen – und das im Internet-Zeitalter.“

Und er stellt er fest:

„In jeder Verfassung der Welt steht ja ein Recht auf Privatsphäre, Unverletzlichkeit der Wohnung und so weiter… das sind ja lange Passagen. Das ist abgeschafft! Das heißt, wir befinden uns in postdemokratischen Zuständen.“

Postdemokratische Zustände. – Mit diesem Begriff referenziert Enzensberger auf Überlegungen des Briten Collin Crouch, der den Begriff in seinem gleichnamigen Buch definiert, als …

„… ein Gemeinwesen, in dem zwar nach wie vor Wahlen abgehalten werden […], in dem allerdings konkurrierende Teams professioneller PR-Experten die öffentliche Debatte während der Wahlkämpfe so stark kontrollieren, dass sie zu einem reinen Spektakel verkommt, bei dem man nur über eine Reihe von Problemen diskutiert, die die Experten zuvor ausgewählt haben.“

Georg Seesslen hat in der Wochenzeitung Freitag die Postdemokratie 2009 folgendermaßen beschrieben:

„Die Postdemokratie zeichnet sich dadurch aus, dass demokratische und nicht-demokratische Impulse einander durchdringen und dass dieser Prozess der inneren Zersetzung sich nicht in Form von großen Skandalen, Staatsstreichen oder Systemwechseln vollzieht, sondern in Form der schleichenden Erosion, der Gewöhnung, der „Alternativlosigkeit“.“

Und dabei noch gefordert, die Postdemokratie in Bezug auf den sozialen Raum zu beschreiben.

„In Ergänzung zu Crouchs politischer Form der Postdemokratie müssten wir daher auch eine soziale Form der Postdemokratie beschreiben (die Ausbreitung von rechtsfreien Räumen, Inseln der feudalistischen und der mafiösen Herrschaft, Abhängigkeit in der Arbeit und über die Medien, die jenseits der Vorstellung vom freien Individuum liegen). Postdemokratisch ist nicht nur die Sphäre „da oben“, postdemokratisch ist auch unser Alltags-, Arbeits- und Kulturleben.“

Es scheint aktuell mehr als an der Zeit diese Beschreibung auszuformulieren. Postdemokratie sollte für die aktuelle Generation ein wichtiges Stichwort sein.

 

 

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By David Gilbert

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